Dienstag, 5. Juni 2012

Nachtflugschreiber 4: Traumgesindel


Die Nacht – schreibt er – ziehe ich in einem Netz hinter mir her, das immer schwerer wird. Ein Fang der seltsamsten Geschehnisse und Geschöpfe, ich darein verwickelt, ohne dass ich es verstünde. Am Morgen trete ich, nein taumle ich – schreibt er – oft schwer atmend und noch in mich verhakt durch eine schmale Tür ins windigkühle Freie hinaus. Mit Anstrengung versuche ich das Netz mit hinaus ins Licht zu ziehen. Da drückt sich die Tür hinter mir zu, zerreißt den Faden, an dem alles hing und trennt mich auf schmerzliche Weise von all meinem vielversprechenden Nachtfang. Betrübt über meinen Verlust – schreibt er – presse ich, beutelos, mein Ohr an die Tür, die nur von innen zu öffnen ist. Ich höre nichts. Oder ist das spöttische Gelächter, sich entfernende Schritte, erbleichende Farben auf mich gemünzt? Traumgesindel. Es nistet ohne meine Erlaubnis in mir. Oder bin ich sein Untermieter? Es hat Flügel, entkommt fast immer. Jeden Morgen fühle ich mich neu verarmt.

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