Mit
großen Augen – schreibt er - folge ich dem Sog auf der Rennbahn der 250 Seiten,
höchst amüsiert über den artistisch getroffenen Jugendjargon, neidisch über das
erzählerische Feuerwerk. (Herrndorf, „Tschick“) Am Ende klapp ich das Buch zu
und bin kleinlaut; unzufrieden mit meinem Leben, dem jetztigen, aber auch dem von
früher. Natürlich weiß ich und hier ist es mir deutlicher als kaum je geworden:
das Leben und die Erzählung von ihm sind durchaus nicht dasselbe, wie linker
und rechter Schuh kann man sie niemals vertauschen. Und ich weiß bei der
fulminanten Schlussszene: die Alkimutter schmeisst ihren ganzen Bürgerplunder in
den Swimmingpool, der verzagte Taugenichtssohn, eben von einem Wahnsinnstrip
wieder heimgekehrt hilft mit. Und sie springen beide hinterher. Aber sie
bleiben unter Wasser nur solange, bis die Titel des Abspanns darüber
hinweggeflimmert sind. Dann werden sie prustend wieder auftauchen und nun geht
das Leben weiter, so öde wie vorher. Das wirkliche Leben.
Bin
ich Spielverderber, - schreibt er – wenn ich mein Lesevergnügen in diese
Moralsauce tunken, dass Leben und Literatur nur sehr entfernte Verwandte sind?
Kindern, die beim Menschärgredichnicht heulen ermahnt man: Ist doch nur ein
Spiel. Als Erwachsner sollte man links und rechts nicht mehr verwechseln. Aber
wie viel Verführung weht uns aus guten Texten an, sie für bare Münze zu nehmen,
für eine Währung, die auch im eigenen Leben was gilt. Spricht es für das jugendstrotzende
Buch oder gegen den alten Mann, dass so ein rasantes, sich überkugelndes roadmovie
einen auf den Gedanken bringt, sein eigenes Reisen, früher, gar jetzt, auf den
Prüfstand zu hieven? Wie glatt, wie flurbereinigt sind –schreibt er - meine
Reisen nach Venedig zB, und Venedig, das ist immerhin schon was.
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