Mittwoch, 23. Dezember 2009

Christine Höppners Bildgeschichte


Das lange Märchen von der Freundschaft

Man kann als Malerin seine Geschichte laut erzählen, rechthaberisch, nach dem Motto: hier red nur ich. Dass es auch ganz anders geht, zeigen die Bilder von Christine Höppner. Wie sie das macht, ist deutlich zu sehen, schwer zu beschreiben. Was so beredt ohne Worte auskommt, ist schwer in Worte zu übersetzen.

Ich nehme mir einige Begriffe zu leihen, die aus anderen Kunstbereichen stammen und versuche es zuerst mit einem Ausdruck aus der Musik: Harmonie. Ich beobachte in diesen Bildern eine durchgehende Harmonie: der Figuren, der Formen, der Farben, auch der Geschichten. Niemand und nichts besteht hier auf ein Solo; das Wort hat der Chor.
Nun bedeutet Harmonie dem Wortsinn nach zuerst nur: dass etwas zusammengefügt ist. Bei Frau Höppner kommt auf einem Bild in der Tat allerhand zusammen. Ein Panoptikum von Tieren, Menschen, Pflanzen und noch einiges mehr breitet sich da vor unseren Augen aus.

Durch den Verzicht auf Perspektive sind Schwerpunkte vermieden, nichts gängelt den Blick. Es gibt kein vorne, kein hinten, wohl aber strebt alles von unten nach oben, wies eben wächst in der Natur. Wie sich das schlängelt, hoch wehend, weich wogend, Unterwasserjägerlatein?

Dieses pure Nebeneinander meinen wir natürlich nicht, wenn wir von Harmonie reden: ein verzanktes Paar ist auch beisammen, passt sogar auf makabre Weise zusammen, weil Hass dem Gegenhass zahnradscharf antwortet. Können Sie sich Zank, Gehässigkeit, Konkurrenz, Besserwissen, Prahlerei, Großspurigkeit im Zusammenhang mit diesen Bildern vorstellen? Wie also entsteht die intensiv strömende Harmonie in diesen Kunstwerken?

Symphonie, Polyphonie, Mehrstimmigkeit also entsteht erst, wenn viele Stimmen zum Zug kommen, wenn keine dominiert, keine den kürzeren zieht. Denn zwei Gefahren fürchtet die Harmonie: Missklang und Langeweile. Wie also wird Harmonie in diesen Bildern hergestellt?
Ich versuche es nun mit Begriffen aus der Welt des Theaters: Fragen wir nach der Besetzung dieser Geschichten, nach dem Stil ihrer Inszenierung, dem Bühnenbild. Wir sind im Märchen, das zeigt schon der kürzeste Blick, - oder im Traum? Die Darsteller sind meist weiblich, wenn ich recht sehe, dazu gibt es reichlich Tiere, die aussehen, also ob sie sprechen könnten, jedenfalls verstehen sie alles, sie gehören dazu, sind Freunde.

Gehen wir näher heran: Woraus besteht der Wortschatz, das Bildvokabular? Köpfe, angedeutet, auch die von Tieren, wie Echos darauf, und überall pflanzliche Flächen, mit Farbe gefüllt. Ihre Formen sind durchweg naturhaft, nichts weist auf ein Lineal hin, noch weniger auf einen Zirkel. Nichts ist konstruiert, alles trägt das Kennzeichen von Handarbeit, ist Handschrift. Warum keine Geometrie, nichts Mechanisches, warum bleiben Technik und Großstadt ganz und gar unerwähnt? Sind wir zur Probe ins Paradiesgärtchen versetzt? Nach Utopia, der Vision eines besseren Lebens, wo der Tiger des Menschen Freund ist und auch der Mensch nicht länger dem Menschen ein Wolf?

Wie kommt nun das, was im Bühnenraum der farbigen Blätter inszeniert wird über die Rampe? Will es das überhaupt? Wenn ich vom Chor gesprochen habe: ist das hier nicht eher ein in sich selbst versponnener Chor? Eine sich selbst genügende Kommune? Ja und nein. Was fehlt schon, wenn die geliebten Freunde da sind?

Trotzdem: Was als Prinzip in den Bildern gültig ist gilt genau so nach außen: Der Zauber im Bild ist Angebot an den Betrachter, sich ebenfalls verzaubern zu lassen. Mitzuspielen, mitzuträumen, die angefangenen Fäden weiterspinnen, seine eigne Geschichte dazu zu phantasieren. Das was er sieht, mit dem, was er fühlt, zu ergänzen.

Santa Madonna, ist das nicht zuviel des Guten? Ist ja nicht das Leben, ist ja Kunst.

(zahlreiche Bilder der künstlerin: http://www.christine-hoeppner.de/galerie.htm)

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