Donnerstag, 24. Dezember 2009

Schönheitskorrekturen

Eine Frau und ein Mann treffen sich auf der Straße. Erfreut bleiben sie stehen, um sich die Hände zu schütteln. Sie tun dies schier endlos, als wollten sie einander allen Staub aus den Ärmeln beuteln. Nicht genug damit, zupft die Frau dem Mann beiläufig ein Haar von der Schulter, unverzagt weiterschüttelnd. Er revanchiert sich, indem er ihr ein Herbstblatt aus der Frisur pflückt. Und drückt auch gleich noch ihre Brille, die vom Händeschütteln zur Nasenspitze gewandert war, mit seinem Mittelfinger auf die Nasenwurzel zurück. Ein bisschen zu energisch vielleicht korrigiert sie seine Krawatte in die Mitte, erst nach links, dann nach rechts reißend, diese Pendelbewegung mehrfach wiederholend in immer kleineren Radien. Kühn schiebt er nun zwei Finger am Hals in ihre Bluse, angelt den herab gerutschten Träger des Büstenhalters und hebt ihn wieder in die Rille auf die Schulter hinein. Inständig streicht er ihr das Haar aus dem Gesicht und als es wieder zurück quillt, löst er den mit rotem Samt umgebenen Gummi an ihrem Hinterkopf und zurrt die gesamte Frisur zu einem strafferen Pferdeschwanz. Sie öffnet mit einem scharfen Ruck seinen Ledergürtel, um ihn einige Löcher enger zu schnallen. Da wickelt er einen aus der Ärmelnaht ihrer Bluse heraushängenden Faden um den Zeigefinger, der Faden will aber auch dann nicht reißen, als er an ihm mit solcher Gewalt zieht, dass sie taumelt. Auch sie mag ihm nichts schuldig bleiben und reißt ihm, was erst beim wiederholten Versuch gelingt, die kleine Brusttasche vom Jackett. Auch ihm will es erst beim dritten Versuch glücken, mit seinem Kugelschreiber an ihrem Oberschenkel eine Laufmasche in die Strumpfhose zu ritzen. Ohne zu zögern drückt sie ihm nun mit ihrem silbern bemalten Fingernagel den eitrigen Pickel links neben seinem Nasenflügel aus. Er verschmiert ihr im Gegenzug mit dem Daumen den dunkelroten Lippenstift über ihren Mund hinaus. Wie von einer unerklärlichen inneren Symmetrie getrieben holen beide weit mit der Rechten aus, um sich mit Kraft ins Gesicht zu schlagen, doch beugen sie, von der nämlichen Gleichzeitigkeit, ja Harmonie geleitet, ihren Kopf zurück, so dass die Handflächen vor ihren Gesichtern zusammentreffen. Als klatschten sie sich selber Beifall. Und begeistert wenn nicht gar gerührt fallen sie sich in die Arme. Mann und Frau.

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